Prinzipien des KI-gestützten Literatur- und Sprachunterrichts im Vergleich
Dr. Sercan Sever
Die Diskussion und Praxis zum Einsatz von KI im muttersprachlichen Literatur- und Sprachunterricht (L1) hat weltweit in kurzer Zeit eine – gemessen am mediendidaktischen Diskurs und Repertoire der Vorjahre – erstaunliche Vielfalt hervorgebracht. Vor diesem Hintergrund stellt sich dennoch die Frage, ob die KI-gestützten Lehr- und Lernformen nicht auch dazu führen, dass sich didaktische Ansätze im L1-Unterricht vereinheitlichen – trotz der sehr unterschiedlichen Bildungstraditionen und institutionellen Rahmenbedingungen in verschiedenen Ländern.
Das Projekt untersucht diese Frage aus unterschiedlichen Perspektiven: Welche Funktions- und Anwendungslogiken stecken hinter den KI-Einsatzformen im L1-Unterricht? Folgt der Unterricht unter KI-Einsatz impliziten Prinzipien; wenn ja, welchen? Was bedeuten diese Veränderungen konkret? Wie sind sie zu bewerten und wie sollte technikgestützte Bildung entsprechend weiterentwickelt werden?
Diese globalen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen technikinduzierten Vermittlungsprozessen, literatur- und sprachdidaktischen Normen sowie institutionellen Rahmenbedingungen werden im Projekt vergleichend betrachtet. Erste Erhebungen in Japan legen nahe, dass sich trotz teils divergierender Unterrichtsinhalte – etwa Haikus und Tankas im Vergleich zu Balladen und Sonetten – ähnliche Unterrichtsmuster beim KI-Einsatz beobachten lassen. Sollte sich dieser Eindruck im Vergleich bestätigen, ist mit anthropologischen und philosophischen Ansätzen der Science and Technology Studies zu klären, welche Faktoren zu dieser Angleichung beitragen. Durch die vergleichende Perspektive und den Einsatz interdisziplinärer Erklärungsansätze zielt das Projekt darauf ab, eine fundierte und kritische Weiterentwicklung der technikbezogenen Bildungsdiskurse auf internationaler Ebene zu fördern.